Stimmfunktion wird auf die Zuhörer übertragen

Der Zuhörer ahmt unbewusst durch "inneres Sprechen" die Sprechweise des Redners nach. Dieses Phänomen nennt man "funktioneller Nachvollzug". Ist die Stimmfunktion z.B. von Verspannungen geprägt, fühlen sich die Zuhörer unbehaglich, was sich in Unruhe und Unaufmerksamkeit äußert. In weiterer Folge können sogar im Kehlkopf Schmerzempfindungen auftauchen, was die Unlust des Zuhörens intensiviert. Der Hörer verschließt sich dem Sprecher und seinem Anliegen, denn die Stimme des Sprechers wirkt nicht nur langweilig, ermüdend und einschläfernd, sondern sie tut auch weh.

In der Schule z.B. wenden sich die Schüler Nebenbeschäftigungen zu und beginnen sich aktiv gegen das Zuhören zu wehren. Es treten mehr und mehr Disziplinschwierigkeiten auf, deren der Lehrer sich mit erhöhter, stimmlicher Anstrengung zu erwehren sucht. Es entsteht ein fehlerhafter Kreislauf mit dem sicheren Ergebnis einer Erkrankung der Lehrerstimme.  (vgl. Fiukowski, Sprecherzieherisches Elementarbuch, 2010 Walter de Gruyter)

 

Im Gegensatz dazu vermag dasselbe Phänomen bei einer ausgebildeten Stimme zum umgekehrten Ergebnis führen. Die Atmung, Stimmbandschwingung und Verstärkung in den Resonanzräumen arbeiten perfekt miteinander, was nicht nur zu einem äußerst angenehmen Hörergebnis führt, sondern auch zu einem entspannten körperlichen Zustand, der einer Massage von Innen gleicht. Im Sinne des funktionellen Nachvollzugs wird nun diese Stimmfunktion auf vom Zuhörer nachvollzogen. Nicht selten schmelzen wir dahin, wenn wir eine angenehme Stimme eines Sprechers im Radio oder Fernsehen hören. Wahrlich wohl auch deshalb weil uns diese Stimme tatsächlich auch körperlich angenehmes beschert.

 

Romana Ackumey, Stimmgenusscoach

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